Aufruf

Keine Ruhe am 13. Februar…
Bis die Scheiße endlich aufhört!

(Den Kurzaufruf findet ihr hier…)

„Wer das Weinen verlernt hat, der lernt es wieder beim Untergang Dresdens.“ Diese Worte des „ersten Dichter des Reichs“ [1] stehen exemplarisch für das Gezeter welches jedes Jahr aufs Neue in Dresden angestimmt wird. Der Grundstein für den „Great Dresden Swindle“ [2], Mythos einer unschuldigen Stadt, wurde schon ab März 1945 mit Hilfe des „Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda“ gelegt. Dieser Mythos prägt – garniert mit Lügen und Legenden – bis heute die Geschichte und das Selbstverständnis der Stadt Dresden.

Aber auch über die Grenzen dieser Stadt hinaus dient dieser Mythos als Anknüpfungspunkt für Versuche, Deutschlands Schuld am größten Verbrechen an der Menschheit zu relativieren. Dies alles gipfelt in perfiden Aufrechnungen und Vergleichen. Die Bomben auf die selbsternannten „Herrenmenschen“ von Dresden werden auf eine Stufe der Unmenschlichkeit mit dem begangenen Vernichtungskrieg und dem industriellen Massenmord an mehreren Millionen Menschen gestellt – so unter anderem zu begutachten bei der offiziellen Trauerzeremonie auf dem Dresdner Heidefriedhof. Manch eine_r ging sogar noch weiter und machte Dresden zu der Apokalypse schlechthin, gerade so, als hätte es nicht gegeben wofür Auschwitz synonym steht [3].

2013 wird sich die Stadt Dresden und große Teile der hiesigen Bevölkerung wieder in Sentimentalität üben wenn die fünfte Jahreszeit anbricht und Märchen von Tieffliegern, Phosphorregen und Opferzahlen kursieren, die keiner seriösen Prüfung stand halten [4]. Auf dem Heidefriedhof werden wieder Kränze „abgeworfen“, nach Möglichkeit in frommer Eintracht mit (Neo-)Nazis. Es wird wieder still der „Opfer“ gedacht, wenn nicht gar „die Toten des 13. Februar geehrt“ [5]. Der vor romantisierendem Kitsch triefende Geschichtsrevisionismus gipfelt bei Kerzenschein auf dem Neumarkt [6], wenn die Glocken der Frauenkirche läuten, um an den „Terrorangriff der anglo-amerikanischen Luftgangster“ [7] zu erinnern. Weiterhin wird von Vergebung gepredigt, wo doch eigentlich um Vergebung gebeten werden müsste.

In diesem Zusammenhang verwundert es kaum, dass die Stadt mit der Busmannkapelle ein weiteres Mahnmal an „die schmerzhafteste Wunde in der über 800 jährigen Geschichte der Stadt“ [8] plant und zu allem Überfluss bei der Finanzierung auf Gelder aus dem „lokalen Handlungsprogramm für Demokratie und Toleranz und gegen Extremismus“ zurückgreifen will [9]. Ein Programm welches eigentlich zivilgesellschaftliches Engagement gegen „Rechts“ fördern soll. Ganz nebenbei schlagen die Antragsteller_innen von CDU und FDP, ganz im Sinne der „Totalitarismustheorie“, mal wieder zwei Fliegen mit einer Klappe. Denn Erinnert werden soll auch „an geschehenes Unrecht unter dem Regime der SED“, womit die Verbrechen der Nazis aufs Neue relativiert werden. Auf die Frage, ob die Auflistung der Namen auf der geplanten Gedenktafel auch die Namen der getöteten SS-, Gestapo- und NSDAP-Mitglieder mit einschließen wird, antwortete Stadtrat Sebastian Kieslich (CDU)„Die Gedenkstätte Busmannkapelle habe nicht die Aufgabe, die Kriegstoten in gute und schlechte zu sortieren“ [10]. Der CDU scheint es dabei egal zu sein, dass die SS maßgeblich an der Vernichtung der europäischen Juden, und zahlreichen weiteren Kriegsverbrechen arbeitete und damit das NSDAP-Parteiprogramm Realität werden ließ. Dieses wurde auch von der deutschen Mehrheitsgesellschaft zumindest stillschweigend hingenommen.

Aus dieser revisionistischen Inszenierung und der regressiven Mentalität Dresdens, entwickelte sich die Stadt seit 1998, jeden Februar, zum Exerzierplatz für Alt- und Jungnazis, wobei sich auch manche_r Bürger_in nicht scheute mit diesen zu heulen. Doch Handlungsbedarf oder gar ein Umdenken im Umgang mit den (Neo-)Nazis sah die Stadt Dresden lange gar nicht – im Gegenteil. Solange die Straßenverkehrsordnung eingehalten wurde, durfte der „Trauermarsch“ gar an der Synagoge vorbei ziehen. Erst als die Teilnehmer_innenzahl dieser auf mehrere Tausend stieg, formierte sich auch so etwas wie bürgerlicher Protest. Dieser hatte unter dem Namen „Geh denken“ allerdings nur symbolischen Charakter und wurde in seiner Sinnentleertheit ab 2010 in in Form der Menschenkette noch gesteigert, an welcher auch 2013 festgehalten werden soll. Es bleibt spannend, wie lange es dauert bis endlich erkannt wird, dass menschenverachtende Denke nicht nur in Nazischädeln schlummert.

Die steigenden Teilnehmer_innenzahlen der Naziaufmärsche und die schier nicht enden wollende Ignoranz gegenüber diesen führten zur Gründung von „¡No Pasarán!“ welches sich bundesweit konstituierte und sich dem Dresdner Trauerspiel radikal und offensiv entgegenstellte. In Folge der Arbeit von „¡No Pasarán!“, wurde 2010 das Bündnis „Nazifrei- Dresden stellt sich quer“ initiiert. Diesem kommt das Verdienst zu, deutschlandweit zehntausende Menschen mobilisiert zu haben. Somit konnte der zahlenmäßig größte (Neo-)Naziaufmarsch Europas durch das Zusammenspiel verschiedener Aktionsformen blockiert werden.

Wie sich ein Jahr später herausstellen sollte, war 2010 eine größere Zäsur für die (Neo-)Nazis als vorerst angenommen. Im folgenden Jahr reisten noch mehr Antifaschist_innen an und sorgten dafür, dass der „Trauermarsch“ auch 2011 nicht die erwünschte Außenwirkung erreichen konnte. Im Jahr 2012 wiederum fiel der 13. Februar nicht auf ein Wochenende, trotzdem gelang es die (Neo-)Nazidemo, wenn schon nicht ganz zu blockieren, so doch wenigstens unter der Woche erstmals merklich zu stören und der Lächerlichkeit preis zugeben [11]. Am darauf folgenden Wochenende war es dann soweit, der Großaufmarsch der (Neo-)Nazis fiel aus! Somit war es den ca. zehntausend angereisten Antifaschist_innen an diesem Tag möglich, eine der bestbesuchten Antifademos der letzten Jahre durchzuführen und wichtige Inhalte, die sich nicht ausschließlich mit dem Verhindern von (Neo-)Nazidemos beschäftigten, offensiv vorzutragen. So wurde zum Beispiel auf den staatlichen/sächsischen Anti-Antifaschismus und die chronische Rechts-Links-Schwäche, welche oftmals als Ideologie des Anti-Extremismus oder besser „Extremismusdoktrin“ daher kommt, in Deutschland hingewiesen. Trotz des Erfolges dieses Tages sei nochmal auf einige wichtige Kritikpunkte hingewiesen [12].

Dies alles gelang in den letzten Jahren trotz der massiven Repression und den sächsischen Verhältnissen. So wurde alles getan, antifaschistisches Engagement zu kriminalisieren, indem Funkzellenabfragen durchgeführt wurden, Blockierer_innen mit Verfahren überzogen und Kriminelle Vereinigungen nach §129 konstruiert werden. Im Zuge dieser Ermittlungen wurden Antifaschist_innen observiert, bundesweit Wohnungen durchsucht und deren Telekommunikation überwacht [13].

Trotz all der antifaschistischen Erfolge der letzten Jahre, die auch der Repression standhielten, sollte sich auf genau diesen nicht ausgeruht werden. Denn auch am 13.02.2013 werden in Dresden wieder (Neo-)Nazis marschieren wollen und versuchen die Luftangriffe auf Dresden zu entkontextualisieren, Täter_innen zu Opfern machen und ihre menschenverachtende Ideologie auf die Straße zu tragen – so wie sie es an diesem Tag bisher immer tun konnten. Wir werden sie an diesem Vorhaben hindern! Dafür benötigen wir eure Hilfe.

Die letzten drei Jahre haben gezeigt, dass durch das Zusammenspiel verschiedener Aktionsformen Naziaufmärsche erfolgreich gestört oder verhindert werden konnten. Auch die massive Repression gegen linke Strukturen änderte nichts an der Entschlossenheit der Antifaschist_innen. Daran gilt es auch 2013 festzuhalten. Solange in Dresden ein revisionistisches Gedenken praktiziert wird und der Mythos einer unschuldigen Stadt existiert, werden Nazis daran anknüpfen können.

Wir als Kampagne 13|02 – KEINE RUHE! haben uns gegründet um genau dem radikal und offensiv entgegenzutreten. Wir zählen auf eure Unterstützung, den „Mythos Dresden“ und den „Trauermarsch“ endgültig Geschichte werden zu lassen. Wir solidarisieren uns mit allen Aktionsformen, welche sich kritisch, entschlossen und aktiv gegen den Naziaufmarsch, Geschichtsrevisionismus und Opfermythos stellen! Kommt zahlreich und entschlossen.

KEINE RUHE für Opfermythen!
KEINE RUHE für (Neo-)Nazis!
KEINE RUHE für die sächsischen Verhältnisse!

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Quellen:

[1] Goebbels, Joseph: Tagebücher 1945. Hamburg 1977, S. 487
[2] Buchempfelung: Schubert, Gunnar: Die kollektive Unschuld. Wie der Dresden-Schwindel zum nationalen Opfermythos wurde. Hamburg 2009
[3] http://www.landtagsachsen.de/dokumente/sitzungskalender/2005/pp20050121.pdf (siehe: Redebeitrag Erich Iltgen zu Beginn der Sitzung, 10:02 Uhr)
[4] siehe: z.B. die Veröffentlichungen von Helmut Schnatz
[5] Kruft, Hanno-Walter: Rekonstruktion als Restauration? In: Der Architekt 9/93, S. 522 ff
[6] http://www.dnn-online.de/dresden/web/dresden-nachrichten/detail/-/specific/Ein-Lichtermeer-am-Dresdner-Neumarkt-Ehrung-fuer-die-Toten-Mahnung-fuer-die-Lebenden-2888921394 (zuletzt besucht: 28.11.2012)
[7] http://www.focus.de/politik/deutschland/tid-17204/dresdner-bombennacht-die-dreifache-schaendung-der-toten_aid_479122.html
[8] http://www.dresden-cdu.de/service/pressemitteilungen/pressedetails/article/vorschlag-von-cdu-und-fdp-fuer-ein-mahnmal-fuer-den-13-februar//cHash/8f6495ecc0045cd7f7367f42de4f0f52.html (zuletzt besucht: 28.11.2012)
[9] http://www.dnn-online.de/dresden/web/regional/politik/detail/-/specific/Nur-die-Buergerfraktion-unterstuetzt-CDU-FDP-Vorstoss-fuer-Mahnmal-in-Dresdner-Busmannkapelle-389987149 (zuletzt besucht: 28.11.2012)
[10] http://jungle-world.com/artikel/2012/44/46508.html
[11] http://www.addn.me/antifa/erfolgreiche-blockaden-lassen-trauermarsch-zur-lachnummer-werden/ (zuletzt besucht: 28.11.2012)
[12] http://karano.wordpress.com/2012/03/24/dresden-nazifrei/
[13] Ausführlichere Informationen zur Repression bei 129ev und Sachsens Demokratie